Vor einem reichlichen Jahr habe ich das erste Gateway und den ersten Router installiert und damit den Startschuß für unsere Freifunk-Community Gera-Greiz gegeben. Was daraus durch das aktive Mitwirken vieler anderer innerhalb kurzer Zeit geworden ist, hätte ich anfangs nicht gedacht und macht mich ein wenig stolz.
Von Beginn an war ich auch an dem vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft ausgeschriebenen Pilotprojekt zur Freifunkförderung beteiligt. Anfangs bei den dazu geführten Diskussionen mit den anderen thüringer Communities, später auch bei der Bewerbung der Stadt Gera für dieses Projekt. Den Beteiligten wird nicht entgangen sein, daß ich diesem Projekt durchaus kritisch gegenüber stand. So nehme ich solche Projekte, wie auch in meinem beruflichen Umfeld, nur dann an, wenn ich zumindest hoffen kann, die gesetzten Erwartungen auch zu erfüllen. Und da hatte ich schon Bedenken, mit einer neu gegründeten Freifunk-Community wesentlicher Bestandteil eines 200.000€-Projektes zu sein. Letztendlich habe ich mich aber überzeugen lassen, das Ganze mit tatkräftiger Unterstützung der weiteren Partner (Stadt Gera, Bürgerhaushalt und eventuellen anderen) umsetzen zu wollen. Nach dem Mitwirken bei der Erstellung eines gemeinsamen Konzeptes mit der Stadt Gera hat diese den Zuschlag für die Förderung erhalten, das Projekt "Freifunkkommune Gera" konnte starten.
Ich habe daraufhin, soweit irgendwie möglich, neben den Tätigkeiten für die Community Gera-Greiz auch am Projekt "Freifunkkommune Gera" mitgewirkt. Anfangs in der Lenkungsgruppe, später auch durch Installation und Gestaltung der ersten Version der Projektwebseite sowie als Leiter der "AG Technik" mit der Erstellung von Konzepten für den Backbone. Für diesen habe ich mögliche Komponenten für Tests ausgewählt sowie einen Testaufbau mit eigenen Komponeten durchgeführt. Das alles selbstverständlich rein ehrenamtlich, obwohl im Fördermittelantrag allein für das Backbonekonzept eine Summe von 10.400€ ausgewiesen wird.
Inzwischen stören mich nun leider einige Dinge. Nicht dazu gehört der von verschiedenen Seiten geäußerte langsame Projektfortschritt. Teilweise fest vorgegebene Abläufe im öffentlichen Bereich benötigen bekanntermaßen eine gewisse Zeit. Deswegen habe ich die Beteiligten der Stadt Gera hier auch in Schutz genommen.
Erster wesentlicher Punkt ist für mich die Ablehnung der Gemeinnützigkeit unseres Vereins, des "Bürgernetz Gera-Greiz e.V", durch das zuständige Finanzamt. Diesen Verein haben wir im Wesentlichen gegründet, um im Rahmen des Projekts "Freifunkkommune Gera" als eine juristische Person auftreten zu können. In meinen Augen sind die Ziele, welche mit dem Förderprojekt und damit dem Verein verfolgt werden, ausnahmslos gemeinnützig (s. z.B. die Ausschreibung, das Bewerbungskonzept oder den Fördermittelantrag). Es ist für mich völlig unverständlich, wie vor diesem Hintergrund unser Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit abgelehnt werden konnte.
Ein weiterer Punkt ist die Vergabe von Lieferaufträgen im Rahmen des Förderprojektes. Wie alle Beteiligten wissen, betreibe ich auch eine kleine IT-Firma in Gera. Diese leistet im Hintergrund einen gar nicht so geringen Beitrag für die Freifunkbewegung, ohne dafür irgendwelche Gegenleitungen zu erwarten. So werden Rechenkapazitäten für das Hosting der Infrastruktur (Gateway, Web-Portal der Community und der Freifunkkommune) zu Verfügung gestellt, die Technik-Treffen finden in den Firmenräumen statt, Router für die Freifunkknoten werden zum Selbstkostenpreis verkauft u.v.a.m.). Vor diesem Hintergrund hat es mich dann doch verwundert, daß nach der durch mich erstellten Liste mit Equipment für die Backbone-Tests das Material plötzlich abholbereit bei der Stadt Gera stand. Eigentlich hätte ich hier erwartet, auch eine Angebotsaufforderung durch die Stadt Gera zu erhalten. Auf eine Rückfrage bei Verantwortlichen der Stadt Gera hieß es, daß es Konflikte mit Vergaberichtlinien geben könnte, wenn ich als Beteiligter am Pitotprojekt (Leiter AG Technik) an der Vergabe beteiligt werde. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich möchte keinerlei Vorteile durch meine ehrenamtlichen Tätigkeiten genießen und die Vergabe soll natürlich gerecht erfolgen. Aber ich erwarte, daß ganz allgemein auch Firmen, welche sich für Freifunk engagieren, zumindest die gleichen Rechte haben wie andere Firmen. Die bisherigen Materiallieferungen erfolgten nun z.B. durch Firmen, welche dem Thema Freifunk eher kritisch gegenüberstehen. Die Vergabe hat zwar sicherlich allen Richtlinien entsprochen, wirklich transparent wie im Pilotprojekt gefordert war sie aber bisher nicht.
Verschärft wurde die Situation noch durch das nächste Teilprojekt: das Theater in Gera als Backbone- und Knotenstandort. Im Rahmen der AG Technik habe ich hierzu wieder ein Konzept erstellt. Dieses enthält alle erforderlichen Parameter, um als IT-Firma mit ein wenig Hintergrundwissen ein Angebot für die benötigte Technik abgeben zu können. Seitens der Stadt Gera wurde allerdings eine konkrete Aufstellung aller notwendiger Teile gewünscht. Im Klartext sollte ich also eine fertige Vorlage zur Bestellung liefern, an welcher ich mich anschließend nicht einmal beteiligen darf. Dabei wurden in dem Konzept absichtlich keine konkreten Produkte genannt. Zum einen könnten verschiedene Anbieter dadurch verschiedene geeignete Produkte anbieten und somit evtl. zu wirtschaftlicheren Angeboten kommen. Zum anderen kann die AG Technik als "Gruppe von Amateuren" unmöglich eine Haftung für die Auswahl der richtigen Produkte und die konkret benötigten Mengen übernehmen. Das ist m.E. Sache der Firma, welche letztendlich mit der Lieferung beauftragt wird. Zusammengefaßt geht es mir an dieser Stelle keineswegs darum, daß ich daran gehindert werde, ein paar wenige Euros zu verdienen. Sondern es geht mir um das Prinzip einer gerechten Vergabe, bei welcher auch Firmen berücksichtigt werden, welche sich für das Projekt engagieren und über entsprechendes Know-How verfügen.
Derzeit letzter Punkt ist die Vergabe der für das Projekt ausgeschriebenen Projektleiterstelle bei der Stadt Gera. Hierauf hat sich auch ein Mitarbeiter meiner Firma beworben. Genau dieser wird nun von der Stadt eingestellt. Hieran finde ich es traurig, daß mittels öffentlicher Fördergelder meinem Mitarbeiter viel Geld für eine Stelle geboten wird, welches eine in Gera ansässige Firma bei leistungsgerechter Entlohnung leider nicht aufbringen kann. Insgesamt wird durch meine aktive Teilnahme am Förderprojekt nun also meine Firma von der Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen ausgeschlossen und langwierig ausgebildete Mitarbeiter wurden abgeworben.
Als Konsequenz werde ich meine Mitwirkung am Projekt "Freifunkkommune Gera" mit sofortiger Wirkung einstellen. Einerseits fehlt mir dazu inzwischen leider die nötige Motivation, zum anderen muß ich bis zur Einarbeitung eines anderen Mitarbeiters selbst zusätzliche Aufgaben übernehmen. Damit fehlt mir auch die Zeit zum Mitmachen. Nicht betroffen hiervon ist mein Engagement innerhalb der Freifunk-Community Gera-Greiz.